Donnerstag, 20. Januar 2011

Von der Befreiung

Einst traf ich einen Mann, der behauptete, er hätte die Sklaverei abgeschafft. Ich glaubte ihm nicht.
Wie hätte ein Einzelner das schaffen können?

Er sagte: "Ich hatte Sklaven, so viele wie in einem Lande Menschen leben. Sie arbeiteten tagein, tagaus nur für mich. Dafür gab ich ihnen zu essen und zu trinken, ja sogar ein Dach über dem Kopf.
Es machte mich unvorstellbar reich und mächtig, ein jeder Wunsch wurde mir erfüllt, aber dennoch konnte ich nicht vollends zufrieden sein. Unablässig verfolgten mich diese hasserfüllten Blicke und wo ich auch hinging, die Menschen reagierten beflissen vor Angst und Entsetzen. Viel lieber hätte ich gesehen, wie sie dankbar und ehrerbietig zu mir aufsehen und mich als ihren Wohltäter preisen. Also liess ich mir etwas einfallen.
Auf mein Geheiß hin wurden sämtliche Ketten eingeschmolzen und zu Münzen verarbeitet. Diese verteilte man sodann unter den Menschen und zwar als wohlverdienten Lohn für die geleistete Arbeit. Ich erklärte meine Sklaven zu einem freien Volk und gab ihnen die Möglichkeit, die Münzen gegen Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf einzutauschen."

Er lächelte: "Nun bin ich der mächtigste und angesehenste Mensch unter allen, weil ich die Münzen verwalte und die Sklaverei für immer abgeschafft habe."

Endlich glaubte ich ihm und durfte obendrein sogar für ihn arbeiten, in Freiheit versteht sich.

Patrick Teichert 1998

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